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Nur von Freunden …

Die letzten 15 Jahre in Deutschland habe ich in der schönen Universitätssstadt Göttingen gelebt. In der Nahe meiner Wohnung gab es ein griechisches Lokal, das ich gern besuchte. Nach einem halben Dutzend Reisen in das Land hatte ich neben seiner Kultur auch dessen Küche schätzen gelernt. Für Stratos und Evangelos, die beiden Brüder-Eigentümer, wurde ich als „Dimitri“ ein guter Freund.
An einem Freitagabend war das Lokal gesteckt voll, auch an meinem Tisch waren alle vier Plätze besetzt. Zum erstenmal war ich total enttäuscht von dem Gebotenen . Zum Bezahlen ging ich zu Stratos an die Theke. Ich sagte ihm ohne die Mithörmöglichkeit anderer Gäste: „Das Kaninchen war halb roh, die Auberginen ein einziger Matsch, der rosa Retsina war pinkelwarm.“
Er verschwand ohne ein einziges Wort, kam mit einer Flasche Wein für mich zurück und sagte einen einzigen Satz:

„Nur von Freunden erfährt man die Wahrheit“

Ich habe diesen Satz nie vergessen und manchmal über ihn nachgedacht, ihn auch schon in der einen oder anderen Predigt zitiert. Ja, so sollte es sein, dass man sich als Freunde die Wahrheit auch dann sagen kann, wenn es im Einzelfall einmal wehtun sollte. Man kann, vielleicht soll sie sagen, weil man sie aus Freundschaft sagt. Nicht zum Beschädigen oder Zerstören, sondern zum Helfen und Heilen. Manchmal mag es so sein, dass man die gute Absicht der unangenehmen Wahrheit nicht sofort erkennt, doch dann, nach ihrem Begreifen, wird die Freundschaft gestärkt durch die Wahrheit.

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